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Gedenken an Eberhard Schütt-Wetschky

Am 2. Juli 2020 jährt sich zum 5. Mal der Todestag von Professor Dr. Eberhard Schütt-Wetschky. Er war kein regulärer Professor an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, sondern außerplanmäßig und auf eigene Kosten am Institut für Politikwissenschaft (bzw. für Sozialwissenschaften) tätig. Eberhard Schütt-Wetschky wurde 1937 in Hamburg geboren und legte sein Abitur 1956 am Christianeum in Hamburg ab. Er arbeitete zunächst einige Jahre im kaufmännischen Bereich und sollte eigentlich Verantwortung im Familienunternehmen Heinrich Schütt übernehmen. Seine Neigung galt jedoch der Wissenschaft und auch der Philosophie (er war ein Kenner und großer Bewunderer der Philosophie Immanuel Kants). Er studierte an den Universitäten Genf und Paris (Sorbonne), ab 1962 schließlich an der Universität Hamburg (zunächst Rechtswissenschaft, dann Politikwissenschaft mit den Nebenfächern Mittlere und Neuere Geschichte und Öffentliches Recht). Schütt-Wetschky wurde 1973 mit einer Untersuchung zum Thema Verhältniswahl/Mehrheitswahl promoviert. Von 1974 bis 1979 war er als Assistenzprofessor an der Universität der Bundeswehr Hamburg tätig. Seine von der Deutschen Forschungsgemeinschaft mit einem Stipendium geförderte Habilitation für Politikwissenschaft erfolgte 1981. Im Anschluss daran nahm Schütt-Wetschky eine Professurvertretung wahr. Im Jahr 1983 wurde er zum Privatdozenten ernannt und 1995 zum außerplanmäßigen Professor an der Universität der Bundeswehr in Hamburg. Ab Oktober 2002 lehrte Schütt-Wetschky Politikwissenschaft an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Hier bot er vor allem Seminare zur vergleichenden Regierungslehre an und hat viele Masterarbeiten und Dissertationen betreut. Zur Unterstützung seiner Forschungs- und Publikationstätigkeit beschäftigte er auch privat wissenschaftliche Mitarbeiter und ließ ihnen damit eine Förderung angedeihen.

Sein Forschungsschwerpunkt lag auf dem parlamentarischen Regierungssystem der Bundesrepublik Deutschland und der Entwicklung der Theorie der Demokratie in parlamentarischen Regierungssystemen. Er hat sich insbesondere mit der Bedeutung von Parteien und dem Konzept von Gewaltenteilung beschäftigt, was vor allem in seiner 1984 erschienenen Habilitationsschrift „Grundtypen parlamentarischer Demokratie“ zum Ausdruck kam. Seine Unterscheidung zwischen einer traditionellen und realistischen Sichtweise auf das Funktionieren parlamentarischer Demokratie, das sich durch seine weitere Forschung zog, veranschaulichte er hierin am Beispiel der Fraktionsdisziplin. In seiner 1997 erschienenen Monografie „Interessenverbände und Staat“ fragte er dann nach den Voraussetzungen gemeinwohlorientierter Politik. Zahlreiche Aufsätze zu Themen wie die Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers, Parlamentarismuskritik und das Phänomen demokratische politische Führung, folgten.

Gemeinsam mit Gesine Schwan und Werner Link initiierte Schütt-Wetschky 1990 das Jahrbuch für Politik und gab es geschäftsführend heraus (zwei Halbbände jährlich). 1996 wurde das Jahrbuch erweitert zur Zeitschrift für Politikwissenschaft (ZPol). Im Jahr 1996 rief Schütt-Wetschky zudem die Annotierte Bibliografie der Politikwissenschaft ins Leben, eine bibliografische Datenbank, mit der fortlaufend über alle politikwissenschaftlichen Neuerscheinungen des deutschsprachigen Raums informiert wurde.

Schütt-Wetschky vertrat den Ansatz einer praxisorientierten Politikwissenschaft, die jedoch die Praxis nicht unkritisch zum Maßstab nimmt, sondern stets kritisch hinterfragt. Praktische Empfehlungen sah er als leitende Aufgabe der Politikwissenschaft an.

Schütt-Wetschky war Mitgesellschafter des Stahlhandelsunternehmens Heinrich Schütt in Hamburg. Er gründete 1992 die Stiftung Wissenschaft und Demokratie und vermachte ihr nach seinem Tod 2015 sein Vermögen. Ziel der Stiftung ist es, wissenschaftliche Vorhaben zu unterstützen, die geeignet sind, die freiheitliche Demokratie zu fördern, insbesondere Politikwissenschaft zu fördern oder zu betreiben. Die Stiftung hat ihren Sitz in Kiel und betreibt heute u. a. das Institut für Parlamentarismusforschung in Berlin, die Zeitschrift für strategische Analysen SIRIUS, das Portal für Politikwissenschaft und fördert das Institut für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel.

Der Vorstand der Stiftung Wissenschaft und Demokratie

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